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George Robinson
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Peter Wattler-Kugler
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Burkhard Bläsi
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Europäische
Talkrunde
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Der psychologische Nutzen des
No Blame Approach
Erfahrungen aus schulpsychologischer
Perspektive
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Herr Zweifler: Guten Tag,
mein Name ist Zweifler. Ich habe das Wochenende hier mit dieser Tagung
verbracht, weil mich der No Blame Approach neugierig gemacht hatte. Für
mich sind aber noch ein paar Fragen offen geblieben. Vielleicht können
Sie mir als Psychologe da weiterhelfen. Ich habe gehört,
der No Blame Approach kommt aus der Ecke der kurzzeittherapeutischen und
lösungsorientierten Ansätze.
Wissen Sie was, ich habe den Eindruck, dass sich kurzzeittherapeutisch
nicht nur darauf bezieht, dass der No Blame Approach nur kurze Zeit zur
Durchführung benötigt, sondern auch dass seine Wirkung nur kurzzeitig
anhält! Ich kann Ihnen das auch begründen.
Mir scheint, es wird vielleicht schnell eine Lösung für
die aktuelle Situation gefunden, das eigentliche Problem wird aber gar
nicht angegangen. Das Problem besteht nun mal in inakzeptablen Verhaltensweisen
der Mobber. Die müssen doch aber zur Einsicht gebracht werden, dass
sie falsch gehandelt haben, damit das auch langfristige Wirkungen zeigt.
Da braucht es doch einen inneren Wandel in deren Einstellungen, das müssten
Sie als Psychologe doch wissen! Sonst machen sie es doch bei nächster
Gelegenheit wieder! Die lassen vielleicht von einem Opfer ab und suchen
sich dann halt das Nächste!
Herr Bläsi: Wenn ich
Sie richtig verstehe, glauben Sie also, der No Blame Approach sei mehr
oder weniger eine schnell, aber nicht nachhaltig wirksame Symptomdoktorei.
Ein Symptom wird gelindert, aber die Ursache des Problems bleibt unberührt
und alsbald treten neue Symptome auf?
Tatsächlich ist der No Blame Approach nicht
problemorientiert, sondern lösungsorientiert. Und es ist gerade der
Grundgedanke solcher Ansätze, dass ich nicht erst genauestens das
Problem erkennen und analysieren muss, bevor ich anfangen kann, etwas
zu verändern. Anders als wir das von unseren oft linearen, kausalen
Denkmustern her gewohnt sind, wird hier kein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen dem Problem, den vermuteten Ursachen eines Problems und der Lösung
eines Problems gesehen. Und es wird auch nicht davon ausgegangen, dass
die Lösung so komplex sein muss wie das Problem selbst.
Steve de Shazer, einer der Begründer der lösungsorientierten
Kurztherapie, hat dafür die Metapher des Türschlosses verwendet.
Ein Schloss ist von der Konstruktion her ein ziemlich komplexes Gebilde.
Ein Schlüssel, mit dem man das Schloss aufschließen (und damit
das Problem der verschlossenen Tür lösen) kann, hat dagegen
meist eine relativ simple Gestalt. Es ist hier nicht notwendig, genau
zu verstehen, wie das Schloss beschaffen ist, aus welchem Rohmaterial
es gefertigt wurde, wer alles beim Zustandekommen beteiligt war, wie es
in die Tür eingebracht wurde usw. Es reicht aus, den einfach gearbeiteten
Schlüssel ins Schloss zu stecken und herumzudrehen. Das heißt
im übertragenen Sinne: Eine Intervention braucht nur in der Weise
zu passen, dass die Lösung auftaucht, sie muss es nicht an Komplexität
mit dem Problem aufnehmen.
Herr Zweifler: Nun gut,
das hört sich ja nett an mit dem Schloss. Aber bleiben wir mal bei
der Übertragung auf unser Thema. Oft liegt da ja die Lösung
nicht schon auf dem Tisch, so wie in Ihrem Beispiel gerade der Schlüssel.
Woher kommt denn dann die Lösung, wenn nicht aus der genauen Analyse
des Problems? Ist das psychologische Hexerei?
Herr Bläsi: Nein, mit Hexerei
hat das gar nichts zu tun. Lösungen entstehen hier vor allem durch
die Aktivierung der Ressourcen der Beteiligten. Dadurch eröffnen
sich oft überraschende neue Handlungsmöglichkeiten.
Welche Ressourcen ich meine? Zunächst
vor allem: Die Aktivierung von Empathie. Das meint die Fähigkeit
zum Perspektivenwechsel, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und
nachzuspüren, wie diese empfinden. Und zum zweiten, damit verbunden:
Die Aktivierung der sozialen Kompetenzen, d. h. der Fähigkeit zu
prosozialem Verhalten. Diese Ressourcen sind bei den allermeisten Menschen
vorhanden, sie werden jedoch in der aktuellen Situation nicht abgerufen.
Selbst der schlimmste Mobber in einer Klasse hat sich in anderen Situationen
aller Wahrscheinlichkeit nach schon einmal empathisch und prosozial gegenüber
anderen verhalten, verfügt also grundsätzlich schon über
die Fähigkeiten, die zur Lösung des Mobbingproblems nötig
sind.
Wie wird nun der Schatz dieser zunächst verborgenen
Ressourcen gehoben? Hier sind beim No Blame Approach vermutlich unterschiedliche
Mechanismen am Werk.
Entscheidend scheint mir das Umdefinieren von „Tätern“
in „Experten“ zu sein. George Robinson hat in seinem Workshop
darauf hingewiesen, welche Wirkung ein bestimmtes Labelling einer Person
mit sich bringt. In der Tat hat sich in Soziologie, Kriminologie und Sozialpsychologie
ein großer Fundus an Arbeiten angehäuft, die zeigen, welche
manchmal gravierenden Konsequenzen eine bestimmte Stigmatisierung auf
das Selbstbild und das Verhalten von Personen haben kann.
Wenn beim No Blame Approach die Mobbenden als Experten bezeichnet werden,
bleibt dies nicht ohne Auswirkung auf deren Selbstkonzept. Unterstützt
wird damit ein positives, prosoziales Selbstbild, mit der Folge, dass
sich die Mobbenden im weiteren Verlauf auch eher wie Experten denn wie
Täter verhalten werden.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist wahrscheinlich, dass mit dieser
Umdefinition ein erheblicher Stressabbau einhergeht. Im Vergleich mit
konfrontativen Mobbing-Interventionen wird kein Druck auf die Mobbenden
aufgebaut, sondern Druck genommen, weil sie eben nicht an den Pranger
gestellt werden. Aus der Psychologie wissen wir wiederum, dass Menschen
unter stressfreien Bedingungen viel wahrscheinlicher zu prosozialem Verhalten
bereit sind als unter Druck und Stress.
Und nun, lieber Herr Zweifler, zu ihrem Verdacht,
es handle sich bei dem No Blame Approach um reine Symptomdoktorei. Meines
Erachtens ergeben sich im Prozess der Durchführung des No Blame Approach
Lerneffekte, die über die akute Situation hinausgehen. Stellt man
am Ende der Nachgespräche jedem einzeln die Frage, ob er oder sie
aus dem Ganzen auch irgendetwas für sich selbst mit nimmt, irgendetwas
für sich gelernt hat, dann erhält man zum Teil erstaunliche
Reaktionen. Hier exemplarisch einige Antworten von Schülerinnen und
Schülern (7. bzw. 8. Klasse):
- „Wenn ich gemobbt werden würde, würde
es mir auch schlecht gehen, darum mobbe ich jetzt auch niemanden mehr.“
- „Dass ich niemanden fertig machen sollte,
nur weil er anders aussieht oder so. Weil es ihm dann schlecht geht.“
- „Ich kann jetzt verstehen, warum er so
war und sich so verhalten hat, weil er war halt der totale Außenseiter.
Und ich weiß jetzt, wie man mit so jemandem umgehen muss.“
- „Wenn man auf andere zugeht, dann klappt
es auch.“
- „Der erste Eindruck ist ganz anders. Eigentlich
ist er ja ein netter Mensch, klug, sympathisch. Merkt man aber erst,
wenn man mal das mit ihm macht und ihn genauer kennen lernt.“
- „Man sollte das nächste Mal früher
etwas machen, wenn man so was bemerkt, damit es gar nicht so weit kommt.“
Solche Äußerungen sind für mich Indikatoren für
Veränderungen, die nachhaltig wirksam sein können. Natürlich
werden sich solche Äußerungen nicht immer eins zu eins in Verhaltensänderungen
niederschlagen, und natürlich erhält man auch nicht in allen
Fällen derartige Antworten. Aber schon wenn bei einigen Schülern
durch eine solch kurze Intervention ein langfristiger Veränderungsprozess
in Gang gesetzt werden kann, wäre das für mich ein großartiger
Erfolg.
Schließlich noch eine letzte Anmerkung, weil sie mich „gerade
als Psychologe“ auf offenbar notwendige Einstellungsänderungen
angesprochen haben.
In der Psychologie hat man schon vor einiger Zeit herausgefunden, dass
eine Einstellungsänderung einer Verhaltensänderung nicht unbedingt
vorausgehen muss. Im Gegenteil, es kann auch andersherum laufen: Die Einstellungsänderung
folgt der Verhaltensänderung. Zugrunde liegt dann oftmals das, was
Psychologen als kognitive Dissonanz bezeichnen: Menschen bemerken eine
Diskrepanz zwischen ihrem Verhalten und ihren Einstellungen. Dieser Zustand
wird als unangenehm erlebt, denn der Mensch strebt offenbar danach, zwischen
den eigenen Einstellungen und dem eigenen Verhalten Stimmigkeit (Konsonanz)
herzustellen. Um den Zustand kognitiver Dissonanz zu beenden und Stimmigkeit
herzustellen, ist nun durchaus nicht selten zu beobachten, dass Menschen
die eigenen Einstellungen dem vorangegangenen Verhalten anpassen. Diese
veränderten Einstellungen wirken dann ihrerseits bei nächster
Gelegenheit unterstützend für das besagte Verhalten, erhöhen
die Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens dieses Verhaltens.
Ich kann mir gut vorstellen, dass bei der Durchführung
des No Blame Approach bei den Mitgliedern der Unterstützungsgruppe
eben solche Prozesse ablaufen: Die Mobber zeigen, animiert durch das Gespräch
in der Unterstützungsgruppe, neue Verhaltensweisen, und ändern
in der Folge auch ihre Einstellungen gegenüber der gemobbten Person.
Wahrscheinlich finden die von ihnen geforderten Einstellungsänderungen
also tatsächlich statt, Herr Zweifler, nur womöglich auf andere
Weise, als sie das vermutet haben.
Herr Zweifler: In Ordnung.
Die Täter lernen also in diesem Prozess auch etwas dazu, obwohl sie
nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Das kann ich nachvollziehen. Auch
wenn das meinem Gerechtigkeitsempfinden immer noch etwas widerspricht.
Aber lenken wir den Blick einmal auf das
Mobbingopfer. Das befindet sich doch aufgrund des Mobbings in einer völlig
hilflosen Situation. Der oder die hat meist schon alles Mögliche
probiert. Hat versucht sich verbal zu wehren: nichts gebracht, Mobbing
ging weiter, Hat versucht, zu den anderen besonders freundlich zu sein:
nichts gebracht, Mobbing ging weiter. Hat versucht, möglichst unauffällig
zu bleiben: nichts gebracht, Mobbing ging weiter. Jetzt kommt jemand von
außen und sagt: „Ich will dir helfen und will versuchen, eine
Lösung für dich zu finden. Du musst dabei gar nichts tun.“
Bestärkt das denn nicht erst recht das Hilflosigkeitsgefühl
des Mobbingopfers? Das Gefühl von “Ich kann nichts ausrichten“,
„Ich bin auch gar nicht wichtig, wenn es um die Klärung der
Situation geht, auch die Erwachsenen meinen, dass ich gar nichts selbst
dazu beitragen kann, damit es wieder besser wird“?
Herr Bläsi: Sie meinen also,
das negative Selbstbild des Mobbingopfers verstärkt sich zu Beginn
des No Blame Vorgehens erst einmal weiter, weil ihm bei der Intervention
scheinbar eine passiv-hilflose Rolle zugewiesen wird?
Hier kann ich sagen: Das entspricht schlicht nicht meinen Erfahrungen
- und wahrscheinlich auch nicht den Erfahrungen vieler der hier Anwesenden.
Zu spüren ist bei den Betroffenen zwar noch nicht gerade Optimismus;
und das Gefühl der Hilflosigkeit ist vermutlich nicht auf einen Schlag
wie weggeblasen, dafür haben die Betroffenen zuvor zu viele negative
Erfahrungen gemacht. Aber merklich ist doch immerhin eine gewisse Erleichterung.
Und zwar eine Erleichterung in dreierlei Hinsicht:
- Erleichterung, dass der Betroffene selbst nichts
tun muss. Gerade weil er zuvor im Rahmen seiner Möglichkeiten meist
schon alles versucht hat, um das Mobbing zu beenden, damit aber keinen
Erfolg hatte, ist er froh, als gebranntes Kind jetzt nicht wieder selbst
ins Feuer langen zu müssen.
- Erleichterung darüber, dass die Täter
nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Meiner Erfahrung nach ist das
zur Rechenschaft ziehen oft eher ein Bedürfnis der Eltern oder
der Lehrkräfte, nicht das der Betroffenen. Warum? Weil die Angst
oft sehr groß ist, dass eine Bestrafung der Täter dazu führen
könnte, dass diese sich anschließend wiederum am Betroffenen
rächen.
- Erleichterung, dass sich der Betroffene nicht
rechtfertigen muss, er sei womöglich selbst schuld am Mobbing.
Das Prinzip „No Blame“ gilt ja nicht nur für die Mobber,
sondern auch für die Gemobbten! Dies ist im Schulalltag nicht unbedingt
selbstverständlich, es kommt immer wieder vor, dass Mitschüler,
Eltern oder Lehrkräfte dem Gemobbten die Schuld oder zumindest
eine Mitschuld an Mobbingvorfällen geben.
Doch selbst wenn da in gewissen Fällen etwas dran sein sollte, helfen
Schuldzuweisungen in dieser Richtung genauso wenig weiter wie in die andere.
Zum einen ist es nämlich unwahrscheinlich, dass ein Mobbingopfer
in einer akuten Mobbingsituation von alleine sein Verhalten verändern
kann, vor allem aber ist es so, dass Verhaltensänderungen der Mobbingopfer
in aller Regel noch lange nicht die Mobbingdynamik auflösen.
Durch diese dreifache Erleichterung wird dem
Betroffenen erst einmal Druck genommen, der enorme psychische Stress wird
reduziert. In der Folge wird auch hier der Rückgriff auf die eigenen
Ressourcen wieder wahrscheinlicher.
Herr Zweifler: Nun gut, einmal
angenommen, das Mobbingopfer fühlt sich tatsächlich erst einmal
erleichtert, weil überhaupt etwas getan wird und weil ihm vor allem
die Angst genommen wird, dass die Mobber bestraft werden und ihn dann
erst recht wieder belästigen.
Ich bleibe dennoch bei meiner Frage: Was lernt die vom Mobbing betroffene
Person? Die darf ja einfach beobachten, abwarten, was passiert, und sich
dann am positiven Ergebnis erfreuen. Aber selbst tut sie nichts dazu.
Und sie lernt ja in diesem Prozess auch nichts dazu. Ich habe nun einige
Mobbingfälle in der Schule mitbekommen. Ich muss sagen, so völlig
ohne Eigenanteile des Mobbingopfers ist das nicht immer abgelaufen. Müsste
nicht auch noch mehr mit den Mobbingopfern gearbeitet werden? Damit die
nicht in einer anderen Situation bald wieder zum Mobbingopfer werden?
Denn diese Beobachtung mache ich leider immer wieder.
Um es zugespitzt zu formulieren, Herr Bläsi:
Ich habe den Eindruck, die Vernachlässigung der weiteren Arbeit mit
dem Mobbingopfer stellt einen blinden Flecken des No Blame Approach dar!
Herr Bläsi: Da sprechen Sie
einen wichtigen Punkt an, die Frage der Weiterarbeit mit den Betroffenen.
In manchen Fällen kann eine solche Weiterarbeit nämlich in der
Tat sehr sinnvoll sein, in anderen erscheint sie mir dagegen nicht unbedingt
nötig.
Die Notwendigkeit weiterer Begleitung hängt meines Erachtens ab
von den Ressourcen, über die Mobbingbetroffene zum Zeitpunkt der
Beendigung des Mobbings verfügen.
Als wichtigste Ressourcen in diesem Zusammenhang
sehe ich:
das Selbstwertgefühl, das soziale Netz außerhalb
der Mobbinggemeinschaft, soziale Kompetenzen. Der Ausprägungsgrad
dieser Ressourcen hängt mit vielen verschiedenen Faktoren zusammen,
mit solchen, die vielleicht auf frühere Lernerfahrungen zurückzuführen
sind, und mit solchen, die direkt mit dem vorangegangenen Mobbing zu tun
haben können:
Persönlichkeit
Familiengeschichte
Frühere soziale Beziehungen
Frühere Lernerfahrungen ...
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Selbstwertgefühl
Soziales
Netz
Soziale
Kompetenzen
Reflexionsfähgikeit
|
Ausprägung des Mobbings
Dauer des Mobbings
Wiederholte Mobbingerfahrung
("Mobbingkarriere")
|
Ich empfehle darum nach Beendigung des Mobbings,
in einem Gespräch mit dem Betroffenen eine Art „Ressourcen-Check“
durchzuführen, d. h. eine Einschätzung vorzunehmen, wie es um
die aktuellen Ressourcen bestellt zu sein scheint.
Bei einem spürbaren Mangel an besagten Ressourcen ist es sicher
sinnvoll, mit dem Betroffenen weiterzuarbeiten, z. B. zu den Themen Selbstwertstärkung,
Wiederaufbau von Vertrauen in soziale Beziehungen oder Training sozialer
Kompetenzen. Dies kann in Form einer Einzelberatung oder eines Gruppentrainings
geschehen.
Je nachdem, an welchen Ressourcen es am meisten mangelt, können
unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. In der Mobbingliteratur
wird zuweilen unterschieden zwischen passiven, hilflosen Mobbingopfern
und sogenannten wehrhaften Opfern, die vielleicht auch selbst einen Teil
zur Eskalation beitragen. Bei ersteren wird wahrscheinlich zunächst
der Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls im Vordergrund stehen,
bei letzteren eher die Reflexion des eigenen Verhaltens mit dem Ziel der
Gewinnung neuer Handlungsalternativen sowie das konkrete Einüben
neuer Verhaltensweisen.
Ganz wichtig ist aber, dass diese Arbeit nach der Beendigung des Mobbings
ansetzt, wenn der Betroffene sich in einem sicheren Zustand befindet.
Der Schutz des Mobbingopfers vor weiterem psychischem Leid muss zunächst
absoluten Vorrang haben.
Ich geben Ihnen also vollkommen recht, Herr
Zweifler, der Bedarf an einer Weiterarbeit mit den Mobbingbetroffenen
sollte stets mitbedacht werden. Ich sehe dies dennoch nicht als blinden
Fleck des No Blame Approach, sondern eher als eine sinnvolle Ergänzung
des Vorgehens. Schließlich nimmt der No Blame Approach ja auch gar
nicht für sich in Anspruch, auf einen Schlag sämtliche individuellen
und sozialen Probleme in einer Klasse zu lösen. Das Ziel, um das
noch einmal klar zu sagen, ist zunächst und vor allen Dingen die
Beendigung einer Mobbingsituation, um das Mobbingopfer zu schützen.
Weitere Maßnahmen – wie zum Beispiel auch Klassenprojekte
zum sozialen Lernen – können jedoch hervorragend daran anschließen.
Herr Zweifler: Hm... Okay,
ich habe erst einmal keine weiteren Anmerkungen.
Herr Bläsi: Ich danke Ihnen für das Gespräch
und die anregenden Fragen, Herr Zweifler.
No Blame
Approach - zurück
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"Zwischenruf" von Dr. Burkhard Bläsi
Der "Zwischenruf" als pdf-Datei-Download
Über die
Geprächsteilnehmer des Zwiegesprächs
- Herr Zweifler lebt als kritischer
Bürger in Argwöhnstadt
- Dr. Burkhard Bläsi arbeitet
als Schulpsychologe an der Schulpsychologischen Beratungstelle Stuttgart
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